Neuer Hirnatlas veröffentlicht

Für die Erstellung dieses neuen Hirnatlas stützte sich das Forscherteam aus Neurologen, Ingenieuren und IT-Spezialisten auf die Daten aus dem Human Connectome Project, einem umfangreichen Programm, in dessen Rahmen hochentwickelte MRT-Scanner die Hirnaktivität von 1200 Probanden analysiert hatten. Mit dieser Kooperation wurden Hirnscans von 210 jungen und gesunden Probanden angefertigt und analysiert. Mit einer intern entwickelten Software konnten die Forscher die kartierten Areale identifizieren, trotz individueller Unterschiede. Anhand eines Vergleichs konnten die Grenzen jedes Areals anhand der Stärke der Myelinschicht gezogen werden, welche die Axone der Nervenzellen umgibt.
Insgesamt wurden anstelle der 83 nun sogar 180 Hirnregionen in einer Karte erfasst. David Van Essen, Hauptautor der Studie, die im Fachmagazin Nature erschienen ist, erklärt: „Der Großteil der neuen Regionen ist mit höheren kognitiven Funktionen verknüpft.“ Eine bislang „unsichtbar“ gebliebene Zone (Areal 55b) ist beispielsweise für die Sprachanalyse zuständig.
Der neue Hirnatlas wird sich für die genauere Untersuchungen der Entwicklung des menschlichen Gehirns sowie in der Ausbildung von angehenden Neurochirurgen als sehr nützlich erweisen, da man mit seiner Hilfe die Interaktion zwischen Hirnregionen und unterschiedliche Verhaltensweisen besser verstehen können wird. Obendrein steht dieser Atlas auch für die Hoffnung, Funktionsstörungen, die aufgrund von neurodegenerativen Erkrankungen auftreten, besser erfassen zu können.
Zwar werden noch weitere Experimente notwendig sein, jedoch wird der neue Hirnatlas schnell weiterentwickelt werden, sobald neue Beobachtungen hinzukommen. Bereits jetzt muss aber die Tragweite einer solchen Entdeckung anerkannt werden; die Forscher vergleichen diesen Sprung mit dem wissenschaftlichen Fortschritt, der zwischen dem Mittelalter und den 1950er-Jahren gemacht wurde!
Quelle: M.F. Glasser et coll., A multi-modal parcellation of human cerebral cortex, in Nature, 20. Juli 2016.