Kognitiver Verfall und Gehirntraining
HAPPYneuron-Gründer Dr. Bernard Croisile, Neurologe, Neuropsychologe und Verantwortlicher für die wissenschaftliche Leitung bei HAPPYneuron, spricht über altersbedingten kognitiven Verfall und was man dagegen tun kann.
Über welche Beschwerden klagen Menschen mit dem Alter am meisten?
Mit fortschreitendem Alter erscheinen auch kognitive Schwierigkeiten, die zumeist ärgerlicher sind, als dass Sie wirklich eine Behinderung darstellen. Diese Schwierigkeiten liegen hauptsächlich an einer größeren Empfindlichkeit in Bezug auf Störeinflüsse (Lärm, Unterhaltung zu mehreren Personen), eine geringere Aufmerksamkeit und einer längeren Dauer, um mehrere Informationen auf einmal zu analysieren (kochen und gleichzeitig eine leicht technische Unterhaltung verstehen). Die Information wird oft oberflächlicher behandelt, die Organisation und Einordnung der zu speichernden Angaben verläuft langsamer, und die Erzeugung von gedanklichen Vorstellungen ist weniger einfach. Daraus entstehen Speicherungsschwierigkeiten und eine gewisse Langsamkeit, um Erinnerungen (Vornamen) oder jüngste Ereignisse (weshalb man in einen bestimmten Raum gekommen ist) wiederzufinden.
Warum sollte man seine kognitiven Fähigkeiten trainieren?
Indem man seine kognitiven Fähigkeiten trainiert, können manche dieser Schwierigkeiten behoben werden, die einem im Alltag manchmal zu schaffen machen, und so für einen höheren kognitiven Komfort sorgen. Manche Studien haben übrigens bewiesen, dass eine ausgiebige und abwechslungsreiche kognitive Stimulation den Eintritt der Alzheimerkrankheit um ein paar Jahre hinausschieben könnte. Kognitives Funktionstraining beruht auf den Ausbau der Gehirnplastizität, die so neue Verbindungen zwischen den Nervenzellen erstellt. Was wir außerdem erst seit kurzem wissen, ist, dass diese Erweiterung die Produktion von neuen Nervenzellen anhand von vorhandenen Stammnervenzellen fördert.
Wie können die kognitiven Funktionen trainiert werden?
Zunächst stellen bloße Tatsachen, wie ein reges Sozialleben und kulturelle Aktivitäten zu haben, zu lesen, Kreuzworträtsel zu lösen oder Karten zu spielen, zu kochen oder zu gärtnern, natürliche und effiziente Stimulationssituationen dar. Das Wichtige ist die Vielfältigkeit, die Begeisterung und die Motivation. Es muss jedoch klar sein, dass man seine kognitiven Fähigkeiten nicht so trainieren kann, wie man an seinen Beinmuskeln arbeitet. Auch wenn Bridge spielen die vergangenen Erinnerungen der Spielregeln stimuliert und Kreuzworträtsel das Wortgedächtnis (Rechtschreibung, Definitionen) trainiert, kann man durch Karten spielen nicht seine Schlüssel oder sein Auto wiederfinden! So ist es also unerlässlich, sämtliche Aspekte der kognitiven Funktionen zu trainieren, und vor allem jene, die durch die Routine der gewohnten Hobbys vernachlässigt werden. Man sollte noch hinzufügen, dass dieses Training nur dann relevant ist, wenn man es schafft das Gelernte auf Alltagshandlungen zu übertragen.
Wie oft sollte man trainieren, damit es wirksam ist?
Es gibt keine allgemeingültige Regel. Man kann aber zwei bis drei Trainingseinheiten pro Woche empfehlen, von je ca. 45 min, um Übermüdung und Interessenverlust zu vermeiden. Das wichtigste ist die Abwechslung und die Regelmäßigkeit.
Ab wann sollte man sich Sorgen machen und einen Arzt aufsuchen?
Gedächtnisschwierigkeiten erscheinen unabhängig vom Alter und von den Umständen: Sich an einen Nachnamen oder ein Rezept erinnern, seine Brille wiederfinden... Diese Schwierigkeiten sind eigentlich die gewöhnliche Konsequenz des natürlichen Alterns oder eines fragilen Gefühlszustandes. Tatsächlich liegen Konzentrationsschwierigkeiten oft an Angstgefühlen, Depressionen und Stress. Doch mit dem Alter vergisst man weder die automatischen Bewegungen (Fahrradfahren, Tennis Spielen, Autofahren...), noch kulturelle Kenntnisse. Und schließlich geschehen viele unserer Handlungen automatisch, was die Tatsache erklärt, dass man sich nicht immer genau erinnert, ob man die Tür hinter sich auch gut zugeschlossen hat. Sorgen sollte man sich machen, sobald die Schwierigkeiten im Alltag zu einer wahren Behinderung werden und wiederholt erscheinen, die bei Personen, die keine Übersicht mehr über ihre Behandlung oder ihr Budget mehr hat, die sich regelmäßig verläuft und systematisch alles vergisst, was man ihr sagt. In solchen Situationen sollte man einen Arzt aufsuchen, der entscheiden wird, ob die Person sich an einen Neurologen oder einen Geriater wenden soll.
Ein Alltagsleben mit stetem Gedächtnisverlust gehört nicht zum normalen Alterungsprozess. Es ist ein Symptom einer Demenz, ein graduelles und fortschreitender Verfall des Gedächtnis, der logischen Denkfähigkeiten. Die häufigste auftretende Demenz ist die Alzheimerkrankheit, eine Funktionsstörung, die zu einem Verlust der Nervenzellen führt.
Die amerikanische Alzheimer's Association, die größte Vereinigung der Welt im Bereich der Forschung und Unterstützung für die Alzheimerkrankheit, hat eine Checkliste der geläufigsten Symptome zusammengestellt, um die ersten Zeichen der Krankheit besser zu erkennen.
1. Gedächtnisverlust.
Informationen, die man erst kürzlich erhalten hat, zu vergessen, ist eines der geläufigsten Vorzeichen einer Demenz oder der Alzheimerkrankheit. Eine Person hat immer häufigere Gedächtnislücken und nicht dazu in der Lage, sich später an die Information zu erinnern.
2. Schwierigkeiten bei vertrauten Aufgaben.
Menschen, die an einer Demenz oder an Alzheimer erkranken, haben oft Schwierigkeiten mit alltäglichen Aufgaben, die ihnen einst vertraut waren und fast automatisch ausgeführt wurden. Jemand wird sich z.B. nicht mehr an die einzelnen Schritte erinnern, um ein Essen zuzubereiten, einen Haushaltsgegenstand zu benutzen oder wie man einem langjährigen Hobby nachgeht.
3. Sprachprobleme.
Menschen, die unter Alzheimer leiden, vergessen oft einfache Wörter oder ersetzen ungewohnte Wörter, so dass ihre Sprache und ihr Schreiben schwer verständlich wird. Sie sind z.B. unfähig, ihre Zahnbürste zu finden und sagen stattdessen, dass sie nach "dem Ding für ihren Mund" suchen.
4. Orientierungsstörung in Ort und Zeit.
Menschen, die an der Alzheimerkrankheit leiden, können sich in ihrer eigenen Nachbarschaft verlaufen, vergessen wo sie sind und wie sie dorthin gekommen sind, und den Weg nach Hause nicht mehr finden.
5. Schlechtes oder schwächeres Urteilsvermögen.
Alzheimerkranke neigen dazu, sich unangemessen zu kleiden, tragen an einem warmen Tag mehrere Kleiderschichten übereinander oder zu leichte Kleidung an einem kalten Tag. Ihr schlechtes Urteilsvermögen kann sich auf Geld beziehen, indem sie z.B. Telefonverkäufern große Geldsummen geben.
6. Schwierigkeiten beim abstrakten Denken.
Am Ende des Monats abzurechnen und seine Kontoauszüge zu überprüfen, kann sich für manche als eine Herausforderung herausstellen. Eine Person, die an Alzheimer leidet, kann jedoch sogar vergessen, wozu Zahlen dienen und wie man mit ihnen umgeht.
7. Sachen verlegen.
Sein Portemonnaie oder seine Schlüssel zeitweise zu verlegen, kann jedem einmal passieren. Eine alzheimerkranke Person kann Dinge an ungewöhnliche Orte legen: ein Bügeleisen im Kühlschrank oder eine Armbanduhr in die Zuckerdose.
8. Wechselhafte Launen und Verhalten.
Bei Alzheimerkranken kann es, ohne offensichtlichen Grund schnell zu Stimmungsschwankungen kommen — von einem ruhigen Zustand, zu Tränen, von Tränen wiederum zu Wutausbrüchen.
9. Persönlichkeitsveränderungen.
Die Persönlichkeit von Personen, die unter einer Demenz oder Alzheimer leiden, kann sich drastisch verändern. Sie können völlig verwirrt sein, argwöhnisch, ängstlich, oder plötzlich völlig abhängig von einem Familienmitglied werden.
10. Teilnahmslosigkeit.
Alzheimerkranke können extrem passiv werden und stundenlang vor dem Fernseher sitzen, mehr schlafen als normal oder einfach nicht an regulären Aktivitäten teilnehmen wollen.
Wenn Sie oder eine Person Ihres Umfelds diese Symptome verspüren, wenden Sie sich noch heute an einen Arzt. Es ist wichtig, die Alzheimerkrankheit oder andere Demenzen frühzeitig und präzise zu diagnostizieren, um die richtige Behandlung, Pflege und Unterstützung zu erhalten.