Wieso kleinere Kinder durch und durch gute Helden bevorzugen

Christina Starmans und Paul Bloom, Forscher der Fakultät für Psychologie an der Yale University (USA) wollten untersuchen, wie Kinder innere moralische Konflikte wahrnehmen. Zu diesem Zweck sollten junge Teilnehmer zwischen 3 und 8 Jahren (und auch ältere Kinder) Figuren aus Geschichten, die man ihnen präsentierte, beurteilen. In einem Beispiel sollte ein Kind sein Zimmer aufräumen. Im ersten geschilderten Fall wird ein Kind beschrieben, das gehorcht und sofort sein Zimmer aufräumt; im zweiten Fall möchte das Kind lieber spielen, zögert und widersteht nur knapp der Versuchung, um schließlich der Aufforderung, das Zimmer aufzuräumen, doch nachzukommen. Obwohl beide Kinder schließlich ihr Zimmer aufräumen, stieß das erste beschriebene Kind auf viel größere Zustimmung bei den kleinen Probanden als das zweite, etwas zögerndere. Warum bevorzugen Kinder eindeutig Personen, die nicht zögern, sondern sofort gehorchen, ohne an der Aufforderung zu zweifeln?
Dank vier Studien entdeckten die Studienleiter einen interessanten Entwicklungsunterschied. Nach Meinung von 3–8-jährigen Kindern ist eine Person (in diesem Fall eine fiktive Figur), die im positiven Sinne handelt, ohne auch nur den geringsten Zweifel zu verspüren, einer anderen Person gegenüber moralisch überlegen, die gleich handelt, allerdings zuvor andere Wünsche unterdrücken musste. Für Kinder in diesem Alter handelt also jemand, der ohne große Anstrengung Gutes tut, verdienstvoller als jemand, der ebenso handelt, allerdings zuvor einen inneren Konflikt bewältigen musste.
Die Forscher erklären, dass diese Präferenz für typische und eindeutige Helden mit der Gehirnentwicklung kleinerer Kinder zusammenhängt sowie mit den Werten, die sie ihrem Handlungswillen und ihren Fähigkeiten zur Selbstbeherrschung zuschreiben. Bis zum Alter von ungefähr 8 Jahren empfinden Kinder innere moralische Konflikte als negativ, was sich später ändert … Kinder beginnen dann, zweifelndere Helden zu schätzen. Dann haben allzu perfekte Helden nichts mehr zu melden! Da Kinder mit der Zeit lernen, sich zurückzuhalten (einem Verlangen oder Bedürfnis nicht nachzugehen), beginnen sie, diese Fähigkeit mit einem besseren Erfolgserlebnis gleichzusetzen. Im Alter von ungefähr 8 Jahren lernen Kinder die Vorteile der Selbstbeherrschung kennen und schätzen ab diesem Alter Figuren, die zuerst ihre Schwächen besiegen mussten, um im positiven Sinne zu handeln.
Laut Christina Starmans „ist es im Erwachsenenalter in einigen Fällen gerade der unterdrückte Wille, unmoralisch zu handeln, der uns unsere Handlungen als besonders moralisch ansehen lässt.“ Eine Studie zu bösen Figuren wäre vor diesem Hintergrund interessant. Vielleicht wurde Darth Vador gerade deshalb zu einem legendären Bösewicht, weil er beinahe ein „Guter“ gewesen wäre?
Quelle: C. Starmans und P. Bloom, When the spirit is willing, but the flesh is weak. Developmental differences in judgments about inner moral conflict, in Psychologicial Science, April 2016.